Hintergrund: Von der Allgegenwärtigkeit gesellschaftlicher Krisen und den bestehenden gemeinschaftlich-kooperativen Lösungsversuchen

In der Wissenschaft, aber auch in den Medien und im alltäglichen Leben werden wir immer wieder mit aktuellen sozialen und ökologischen Krisen konfrontiert, etwa der Nicht-Teilhabe bestimmter Personengruppen an zentralen Ressourcen der Stadt oder dem rapide voranschreitenden Artensterben. Dabei erscheinen einfache, konventionelle Lösungsversuche als Antwort auf die multiplen Krisen höchstens als kurzfristige Symptombekämpfungen. Bereits heute legen wissenschaftliche Studien nahe, dass langfristige Auswege und Lösungen mit weitreichenden Veränderungen unserer Lebensweise einhergehen müssen.
Angesichts dieser Problematik hat eine Vielzahl an Gruppen damit begonnen, mit alternativen Lebensformen zu experimentieren. Unter anderem begegnen Wohnprojekte der städtischen Anonymität, dem ökonomischen Druck der „Ich-AG“ oder dem ressourcenverzehrenden Leben im Einfamilienhaus mit gemeinschaftlich-kooperativen Wohnformen; solidarische Landwirtschaften konfrontieren die konventionelle Landwirtschaft mit der Möglichkeit regionaler ressourcenschonender Lebensmittelproduktion und alternative Währungssysteme stellen dem wirtschaftlichen Wachstumsimperativ zinsfreie Währungen entgegen.

Die Forschungsarbeit von TGiL: Untersuchung gemeinschaftlich-kooperativer Krisenbewältigungsversuche

Es besteht die Hoffnung, dass ‚transformativen‘ Gemeinschaften Probleme unserer Gesellschaft lösen oder zu einer Lösung beitragen können. Zwar liegen bereits einige wissenschaftliche Auseinandersetzungen über die Möglichkeiten transformativer Gemeinschaften vor, beispielsweise im Kontext von Postwachstumstheorien. Allerdings ist weiterhin fraglich, wie die Wechselwirkung zwischen transformativen Gemeinschaften und der Gesellschaft im Hinblick auf den sozialen Wandel überhaupt konzipiert werden kann. Anders gesagt: Mit dem aktuellen Wissensstand können wir nicht beantworten, inwiefern die vorläufig als transformative Gemeinschaften verstandenen Gruppen zu einer Veränderung gesellschaftlicher Problemlagen beitragen könnten.
In dem vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Forschungsprojekt „Transformative Gemeinschaften als innovative Lebensformen?“ untersuchen wir, wie demokratisch organisierte Gruppen versuchen, nachhaltigere Praktiken im Wohnungswesen und in der Landwirtschaft umzusetzen.
Zum einen erforschen wir, inwiefern transformative Gemeinschaften beziehungsweise andere Organisationsformen als soziale Innovationen für neue, alternative Lebensformen grundlegend sind (siehe Teilprojekt Theorie). Zum anderen gehen wir mit diesen vorläufig als ‚transformative Gemeinschaften‘ zu verstehenden Initiativen, die Wohn- und Landwirtschaftspraktiken verändern wollen, ins Feld (siehe Teilprojekt Wohnen; Teilprojekt Landwirtschaft). Mit empirisch gesättigten Arbeiten in den beiden Feldern möchten wir dazu beitragen, Möglichkeiten aber auch Grenzen gemeinschaftlich-kooperativer Praktiken und ihrer Verbreitung besser zu verstehen. Das Forschungsprojekt wird unter der Leitung von Prof. Dr. Axel Paul und PD Dr. Dietmar Wetzel am Seminar für Soziologie der Universität Basel durchgeführt.